Neue Medizinprodukte-Verordnung in Kraft:
Was MedTech-Unternehmen jetzt beachten müssen

konplan-News. Ende Mai traten die neue europäische Medizinprodukte-Verordnung (Medical Device Regulation – MDR) und die EU-Verordnung zur In-Vitro-Diagnostika (IVDR) in Kraft, die die bisherigen Richtlinien für Medizinprodukte ersetzen. Bis zum 26. Mai 2020 gilt eine Übergangsfrist für alle Hersteller. Ab dann muss bei der Einführung eines neuen Produktes eine CE-Zertifizierung gemäß neuer MDR erfolgen. Zukunftsorientierte Unternehmer müssen sich seit geraumer Zeit mit den neuen Regularien befassen. 

Die Auswirkungen der Änderung sind vor allem in den Bereichen der Medizintechnik zu spüren, wo Software von Bedeutung ist. Die neue Regel 11 besagt, dass Entwickler die EU-Vorgaben des internationalen Standards IEC 62304 zum Lebenszyklus medizinischer Software nicht mehr länger selbst dokumentieren und deklarieren können, sondern benannte Stellen konsultieren müssen. Dies wird viele Unternehmen, vor allem kleinere Betriebe und Start-Ups, vor eine grosse Herausforderung stellen. konplan steht Ihnen beim Übergang gerne als Experte zur Seite.

Auf einen Blick: Was bedeuten die neuen MDR und IVDR-Verordnungen?

Die neue Medizinprodukte-Verordnung soll grundsätzlich für eine grössere Sicherheit und eine schnellere Versorgung der Patienten mit innovativen Medizinprodukten sorgen. Die Vorgaben für neue Medizinprodukte wurden ebenso verschärft wie die anschliessende Überwachung der Produkte auf dem Markt. Dazu wurde das Regelwerk enorm ausgedehnt – von bisher 65 Seiten auf nun mehr 566 Seiten. Für Hersteller bedeutet dies vor allem einen enormen bürokratischen Aufwand um innerhalb der Übergangsfrist von drei Jahren eine neue regelkonforme Dokumentation für bestehende Produkte zu erstellen. Außerdem müssen die nötigen Prozesse für Marktüberwachung, UDI und EUDAMED im QM-System etabliert werden.

Eckpunkte der neuen MDR sind u.a.:

  • Verschärfter Marktzugangsprozess (Scrutiny bzw. Überprüfung) für neue implantierbare Produkte der Klasse III und Klasse IIb-Produkte, die Arzneimittel zuführen
  • Höherklassifizierung bestimmter stofflicher und chirurgisch-invasiver Medizinprodukte
  • Zusätzliche Überprüfungen von Hochrisikoprodukten wie Implantate
  • Stärkere Verantwortung der Hersteller zu Haftung und Aufzeichnung von Reklamationen
  • Besserer Schutz von Teilnehmern an klinischen Studien
  • Bessere Rückverfolgung der bereits am Markt erhältlichen Produkte mit Hilfe einer neuen Datenbank und der Vergabe individueller UDI-Nummern

Da die Übergangsfrist knapp bemessen ist, sollten alle betroffenen Unternehmen sich so früh wie möglich um die Re-Zertifizierung ihrer Produkte bemühen und mit erfahrenen Spezialisten kooperieren. Da jedoch alleine das Zertifizierungsverfahren über ein Jahr dauern kann, wird den Herstellern die Möglichkeit eingeräumt, ihre Altzertifizierung bei Bedarf einmalig zu verlängern, um sich ausreichend Zeit zu verschaffen.

Wichtige Neuerung: Die Unique Device Identification (UDI) 

Die neue UDI ermöglicht es, jedes einzelne Medizinprodukt zu identifizieren und zurückzuverfolgen, um Anwender im Bedarfsfall schnell ausfindig zu machen und Produkte bei Bedarf vom Markt zu nehmen. Dies umfasst sogar einzelne Software-Versionen und Batches. Die Nummer soll an jedem einzelnen Medizinprodukt und an den Verpackungen angebracht werden. Vergeben werden die UDI-Nummern von Zuteilungsstellen, die von der EU noch zu benennen sind. Bis die Organisation einsatzbereit ist, erfolgt die Vergabe durch GS1, HIBCC und ICCBBA. Für den Endanwender hat die Neuerung den Vorteil, dass er die UDI seiner erworbenen und verwendeten Medizinprodukte in einer öffentlich zugänglichen kostenlosen Datenbank abrufen kann.

Erfasst werden u.a. die folgenden Daten:

  • Hersteller
  • Produkttyp
  • Haltbarkeitsdatum
  • Bestimmte Inhalte
  • Attribute wie „wiederverwendbar“.

Als Vorbild dient dabei die US-amerikanische FDA, die schon länger UDI-Nummern vergibt. Für Software, die ohne physischen Datenträger im Internet heruntergeladen wird, kann die UDI dann beispielsweise im Menü „Hilfe“ unter „Über…“ angezeigt werden. Jeder Anwender, der diese Software herunterlädt, kann vom Hersteller identifiziert und im Bedarfsfall kontaktiert werden.

Die neue Regel 11 der MDR für Software

Medizinische Software hat in den letzten Jahren stetig an Bedeutung gewonnen. Für sie galt bislang die Regel 10a, die in der neuen MDR zur Regel 11 geworden ist. Die Regel 11 definiert Software, die zur Vorhersage oder Prognose von Krankheiten dient, nun eindeutig als aktives Medizinprodukt. Eine Höherklassifizierung von Software, insbesondere von Apps, wird vermutlich zu einem starken Rückgang an neuen medizinischen Apps führen. Experten fürchten sogar eine Schwächung der medizinischen Innovationskraft in Europa.

Konkret wird Software anhand folgender Bestimmungen den einzelnen Klassen zugeordnet:

1.) Klasse III: Die Software kann Auswirkungen haben, die eine irreversible Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder den Tod einer Person verursachen.

2.) Klasse IIb: Sie kann eine schwerwiegende Verschlechterung des Gesundheitszustandes einer Person oder einen chirurgischen Eingriff verursachen

3.) Klasse IIa: Alle Software, die Informationen liefern, die zu Entscheidungen für diagnostische oder therapeutische Zwecke herangezogen wird

4.) Klasse I: Alle andere Software

Durch diese Definitionen fällt fast jede Software gemäss der neuen Regel 11 in die Klasse IIa oder höher. Ausnahmen gelten lediglich für einige wenige Produkte, z.B. Fitness-Apps.

Was bedeutet dies für die Hersteller?

Fällt die medizinische Software nach Regel 11 nicht mehr in die Klasse I, sondern in die Klasse II oder höher, wird sich der Aufwand für die Hersteller stark erhöhen. Sie müssen ein Qualitätsmanagementsystem aufbauen und zertifizieren lassen und bestimmte Behörden und Stellen miteinbeziehen. Dies trifft vor allem innovative junge Start-Ups und andere Entwickler, die die Rentabilität der Neuentwicklung medizinischer Apps aufgrund des Aufwands nun sehr kritisch hinterfragen müssen.

Wie können wir helfen?

konplan verfügt über die notwendige Expertise, um medizinische Apps und Software sicher durch die neuen MDR-Regulierungen zu führen, die notwendigen CE-Zertifikate nach bestandenem Zulassungsverfahren zu erlangen und in Zukunft auch die UDI-Nummern zu beantragen.

Wir beraten Sie gerne bei der lückenlosen Dokumentation und versuchen, diese so einfach und unkompliziert wie möglich zu gestalten, damit Sie sich auf Ihre Stärken konzentrieren können. Haben Sie noch Fragen zur neuen Medizinprodukte-Verordnung MDR oder zur neuen Regel 11 für medizinische Software? Wir unterstützen Sie gerne!

Autor: Urs Müller, Business Unit Leiter System Quality Engineering

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